Wisgard

Mein Dad hat bei der Post gearbeitet und Briefe ausgetragen. Das waren wirklich wunderbare Zeiten. Damals kam die Post zwischen 10:30 Uhr und 11:00 Uhr zu uns, ausser am Montag, da kam sie immer etwas später.

Mittlerweile landet die Post bei meiner Mum gegen 14:00 Uhr im Briefkasten. Das ist für mich wirklich die oberste Schmerzgrenze.

Und gestern komme ich um 16:04 Uhr aus dem Haus, in dem sich meine Wohnung befindet und treffe auf den Briefträger. Keine schicke Uniform mehr, sondern irgendein Dödel von einem Zustellungsdienst, der von der Post oder von einer Klavierspedition sein könnte. Um 16:00 Uhr erhalte ich erst meine Post. Das ist irgendwie so, als würde ich die Karte für ein Preisausschreiben, dessen Einsendeschluss am 24. Juli ist, erst am 25. Juli in den Briefkasten werfen.

Wieso werden nicht mehr Leute eingestellt, damit die Haushalte ihre Briefe wieder vormittags bekommen?

Dumme Frage, ich weiß.

Die Tage, in denen ich hier in der Unibibliothek arbeite, sind gezählt. Mit etwas Glück bin ich hier noch den gesamten Monat März, dann ist es vorbei.

Und das alles nur, weil der Personalrat darauf drängt, dass feste Stellen geschaffen werden. Was der Angestellte will, das interessiert keine Sau. Ich habe immer und immer wieder betont, dass ich hierbleiben will, weil mir die Arbeit sehr viel Spaß macht und die anderen Umstände wie Bezahlung etc. an unterster Stelle der Skala rangieren.

Aber ich werde um meinen Platz hier kämpfen. Jetzt stehe ich zwar unter sehr großem Zeitdruck, aber wenn ich gar nichts versuche, dann kann ich meinen Einsatz hier gleich vergessen.

Hier hätte ich jetzt Lust, ein vulgäres Schimpfwort hinzuschreiben, aber das ändert ja nichts.

Im abgelaufenen Monat wurden von mir folgende Bücher gelesen:

George R. R. Martin "Die Herren von Winterfell"
John Katzenbach "Die Anstalt"

Salim Alafenisch "Die Feuerprobe"
Kriss Rudolph "Heute ziehst du aus"

Mirjam Elias "Geheimversteck Hotel Atlantic"

Ein Arbeitskollege meinte heute zu mir: "Rufst du mal den Aufzug?"
Daraufhin ich ganz laut: "AUFZUG!"

Irgendwann schaffe ich es schon noch, eingeliefert zu werden.

Ich habe am Wochenende zum ersten Mal in meinem Leben Billard gespielt. Von nix eine Ahnung gehabt und trotzdem gewonnen. So macht das Spaß.

Schön ist es auch immer zu sehen, wenn die Mitspieler die Hände vors Gesicht schlagen. Wie bei G. aus W., die mich fragte, als ich mich halb über den Billardtisch lümmelte, um die weiße Kugel zu erreichen: "Möchtest du eine Verlängerung?"
Und ich antwortete: "Wieso? Wir wollten doch nur eine Stunde spielen. Spielen wir jetzt doch länger?"

Im Bus erfreuten mich heute drei Teenies, die sehr laut schreien mussten, um die plärrende Musik auf dem Handy zu übertönen.
In einer Gesprächspause hörte ich die Musikzeile: "Jeder zweite hasst mich" und konnte diese Zeile sehr gut nachvollziehen.

Am Freitag bekam ich Besuch von drei Freunden, mit denen ich abends noch Billard spielen war. Und auf dem Weg dorthin kam die Rede auf Fisch.
Und die gute V. aus D. meinte doch allen Ernstes:
"Ich wusste nicht mal, dass Fisch Gräten hat."

Nein, es war kein Scherz, sie meinte es todernst.

Eine Freundin von mir, die sich momentan wegen Depressionen in einer psychosomatischen Fachklinik befindet, versinkt im Selbstmitleid. Und jetzt hat sie es soweit getrieben, dass das Maß voll ist. Heute habe ich einen Brief an sie abgeschickt, in dem ich ihr mal drastisch klar gemacht habe, was sie da mit mir abzieht.

Bin ja mal gespannt, ob sie in einer Woche, wenn ich sie besuche, immer noch beleidigt ist und nicht mit mir redet.